Humangeographie am Beispiel der Flüchtlingssituation in Rödelheim
Im Rahmen einer wissenschaftlichen Arbeit an der Goethe-Universität hat sich Martina Blank mit der Situation von angekommenen Flüchtlingen in einem Stadtteil und ihren Kontakt zu den Bewohnern befasst. Dazu wurde der Frankfurter Stadtteil Rödelheim beobachtet. Ihre Betrachtungen und Thesen hat sie u.a. aus der Mitarbeit in der Flüchtlingsinitiative „Willkommen in Rödelheim“ und dort als Aktive in der Hausaugabengruppe, beim Sprachtreff „Wir sprechen deutsch“ und bei anderen Aktivitäten erworben. Nun hat sie ihre Erkenntnisse vorgestellt und mit den Engagierten von W.i.R. diskutiert.
Eine These lautet: Es gibt einen Fetisch (wissenschaflicher Fachbegriff), der von der lokalen und landesweiten Politik oft verbreitet wird. Danach sei die Integration der Asylsuchenden in dem Stadtteil ihrer Unterkunft besonders wichtig. Die Realität der Situation der Betroffenen sieht aber ganz anders aus, weil ihr Radius im ganzen Stadtgebiet verteilt ist, in dem Integationskurse, Sprachkurse, Schulbesuch, Behördengänge wahrgenommen werden müssen. Auch wissen die Betroffenen nicht, ob und wie lange sie in einer Unterkunft verbleiben. Diese und andere Unsicherheiten in ihren Zukunftsperspektiven geben der Forderung zur Integration im Stadtteil keinen rechten Sinn. Allerdings lassen sich aktive Bürger auf diesem Weg zu ehrenamtlichen und kostenfreien Tätigkeit bewegen, auf die der Sozialstaat gerne zugreift.
In der Diskussion stimmten wir auch in dem Punkt überein, dass die staatlichen Vorgaben in der deutschen Flüchtlingspolitik zwangsläufig zu einer inakzeptablen Einteilung von Migranten führt: abgewiesene, geduldete und anerkannte Asylbewerber. Dies ist mit harten Konsequenzen für die Betroffenen verbunden. Dass von der Kommune Frankfurt besondere Bemühungen erkennbar sind, wurde in der Runde nicht bestritten. Die reale Politik wünscht aber keine Integration, sondern zielt auf Abschreckung vor der Grenze und der Verhinderung von Zuwanderung ab.
Die Wissenschaftlerin favorisiert die Praxis, den persönlichen und unterstützenden Kontakt zu den Menschen zu pflegen, wie es ja viele Mitglieder unserer Initiative tun. Struktur und Koordinierung von „Willkommen in Rödelheim“ begrüßte sie sehr. Man sollte nicht erwarten, dass es ein vorrangiges Ziel der Geflohenen ist, sich in diesem Stadtteil zu integrieren. Es ist wichtig, in die Unterkünfte hineinzugehen und die Nöte der Flüchtlinge zu identifizieren. Mit den dadurch erworbenen Erkenntnissen könnte argumentgestützt ein gewisser Druck auf Unterkunftsträger und Behörden aufrecht erhalten werden.