Briefwechsel

W.i.R. erinnern an ausstehende Zusagen

Als die Unterkunft In der Au bezogen wurde, wurden vom Sozialdezernat Zusagen bezüglich deren Ausstattung gemacht, aber auf Vieles warten die Bewohner noch heute. Mit Schreiben vom 21.08.2017 erinnern W.i.R. an die bislang nicht eingelösten Versprechen.

Die Antwort von Sozialdezernentin Frau Prof. Dr. Daniela Birkenfeld mit Datum 04.09.2017 können Sie hier lesen.

Zweiter offener Brief von W.i.R.

Am 11. April haben wir als Initiative erneut eine Stellungnahme zur geplanten Unterkunft für Geflüchtete In der Au an das Sozialdezernat der Stadt Frankfurt geschickt. Der Brief kann hier als PDF-Datei abgerufen werden.

Offener Brief von W.i.R. an das Sozialdezernat

Im Konflikt um die geplante Unterkunft für 500 geflüchtete Menschen auf dem Gelände In der Au positioniert sich die Initiative W.i.R. in einem offenen Brief an Frau Prof. Dr. Daniela Birkenfeld vom Sozialdezernat Frankfurt. Der Brief kann hier als PDF-Datei abgerufen werden: Offener Brief

Offener Brief der Anwohner Rödelheim-West

Die Anwohner Rödelheim-West Frankfurt,
28.01.2016
c/o Cornelia Kästle-Schott
anwohner-roedelheimwest@web.de

An die Stadträtin Frau Prof. Dr. Daniela Birkenfeld
Stadt Frankfurt am Main
Dezernat VIII Soziales, Senioren, Jugend und Recht

Offener Brief zum Thema
Flüchtlingsunterkunft für 500 Flüchtlinge, In der Au 4-12, 60489 Frankfurt-Rödelheim

Sehr geehrte Frau Prof. Dr. Birkenfeld,
wir, eine Gruppe von Bürgern und Bürgerinnen des Stadtteils Rödelheim-West, wenden uns an Sie, in Ihrer Funktion als für uns zuständige Dezernentin der Stadt Frankfurt in Form eines offenen Briefs.
Am 19. Januar 2016 wurden uns in der Sitzung des Ortsbeirats 7 Ihre Pläne zum Ausbau der Liegenschaft „In der Au 4-12“ zur Flüchtlingsunterkunft vorgestellt.
Die Umgestaltungspläne führten zu Kritik in Bezug auf Umfang, Art und Weise der Unterbringung sowie die hohe Anzahl von Flüchtlingen. Neben einem kleinen Teil abgeschlossener Wohneinheiten mit Küche und Bad etc. in dem ehemaligen Bürogebäude werden nach oben offene und damit ungeschützte Schlafzellen mit Gemeinschaftsnasszellen und mit Gemeinschaftsverpflegung in den ebenfalls auf dem Gelände vorhandenen Hallen geplant.
Diese Vorgehensweise wurde von Sahle-Bau damit begründet, dass der vorhandene Bebauungsplan nicht veränderbar sei.
Unverständlich für uns, da in dem vorhandenen Bürogebäude Wohnungen geschaffen werden, das heißt, hier findet auf dem Grundstück bereits eine Umwidmung statt, in den dort ebenfalls vorhandenen Hallen jedoch nicht. Es entsteht hierdurch praktischerweise die Möglichkeit, unverhältnismäßig viele Menschen auf engstem Raum unterzubringen.
Unseres Erachtens jedoch ist dieser Plan sozial unverträglich. Den zukünftigen Bewohnern der Hallen fehlt jede Möglichkeit für selbstbestimmte private Abläufe, wie z. B. Kochen und Essen. Der Schutz der Privatsphäre fehlt ganz.
Insofern äußern wir unsere Befürchtung, dass eine Ghettoisierung stattfindet. Auch befürchten wir durch die unterschiedliche Art der Unterbringung sozialen Neid und ein unnötig hohes Konfliktpotential.
Die hohe Anzahl männlicher Flüchtlinge (Frau Skotnik sprach von einem 2/3-Anteil) bringt viele Anwohner der geplanten Unterkunft in Sorge um ihre Lebensqualität, Freizügigkeit und Verhaltensgewohnheiten, die sie nicht einschränken wollen. Insbesondere betrifft das die in Deutschland bestehende Gleichberechtigung der Frau.
In unserem Viertel mit geschätzt ca. 1.200 Bürgern leben vorwiegend Familien mit Kindern und ältere Menschen. Wenn in das Flüchtlingsheim mehr Familien einziehen würden, könnte eine bessere und schnellere Integration und ein Miteinander entstehen.
Überrascht nahmen wir auch zur Kenntnis, dass die Stadt Frankfurt für das Grundstück der Sahle-Bau (Eigentümer) bisher noch keinen entsprechenden Betreiber gefunden hat, obwohl in zwei Monaten bereits die ersten Bewohner einziehen sollen. Ist das realistisch? Uns interessiert auch, nach welchen Kriterien ein Betreiber ausgesucht wird und welche Rahmenbedingungen dieser erfüllen muss? Außerdem möchten wir wissen, für wie lange ein Vertrag geschlossen werden würde.
Keine unserer Fragen hinsichtlich Betreuungsschlüssel und Sicherheit wurden beantwortet und unbefriedigender Weise nur auf den Betreiber verwiesen. Der Eindruck entstand, dass die Stadt Frankfurt nur der Vermittler zwischen Grundstückseigentümer und Betreiber ist, nicht aber die Verantwortung trägt. Wird das Sozialdezernat die neue Flüchtlingsunterkunft und alle Bürger im direkten Umkreis überhaupt unterstützen und wenn ja, in welcher Form? An wen wenden wir uns, wenn wir Fragen oder Probleme haben?

Zusätzlich zu den oben aufgeworfenen Fragen und Anregungen haben wir noch folgende Punkte zusammengestellt und bitten Sie hier ebenfalls um Stellungnahme:
1. Wie ist die Zusammensetzung der 500 Flüchtlinge nach Nation, Religion und Status (Familien, Einzelpersonen)?
2. 20 % der Flüchtlinge sind voraussichtlich Kinder, d.h. 100 Personen bis 18 Jahre. Bei Gleichverteilung in vier Gruppen (Krabbelstube U3, Kindergarten Ü3, Grundschule und weiterführende Schule) bedeutet das einen Zuwachs von 25 Kindern pro Gruppe:
– 25 Kinder zusätzlich in Kindertagesstätten – es ist bereits jetzt schon schwierig, einen Kita-Platz zu bekommen. Wo entstehen diese zusätzlichen Plätze?
– 25 Kinder, das heißt eine zusätzliche Klasse in der Grundschule – mit welchen Lehrern und auf welcher Sprache?
– 25 Jugendliche in weiterführenden Schulen, ebenso eine zusätzliche Klasse, in der Lehrer in der Landessprache benötigt werden. Wer garantiert für diesen Auftrag die benötigten qualifizierten Lehrer? Wie lösen Sie das?
3. Alle Kinder und Jugendlichen sollten betreute organisierte Freizeitangebote nutzen können. Wer oder was steht hierzu zur Verfügung?
4. Welche Integrationsangebote sind für die 500 Flüchtlinge vorgesehen? Frau Skotnik verwies auf unsere Quartiersmanagerin Frau Heike Hecker. Das Diakonische Werk ist sicherlich nicht in der Lage, ohne zusätzliche Mittel und weiteres Personal die nötigen Kurse und deren Betreuung zu organisieren. Was sehen Sie in diesem Zusammenhang vor?
5. Um den Kontakt zwischen Flüchtlingen und Anwohnern zu fördern, bedarf es gemeinsamer Räume. Die Einrichtung eines Kulturzentrums bzw. einer Begegnungsstätte ist in jedem Fall sinnvoll. Dafür eignet sich zum Beispiel die ehemalige Schuhmaschinenfabrik, Westerbachstr. 47, gegenüber dem geplanten Flüchtlingsheim. Aktuell wird laut Immobilien Scout eine Bürofläche von 379,13 m² für monatlich € 8,00/m2 + € 1,80/m² Nebenkosten angeboten. Ist eine solche Einrichtung denkbar?
6. In einer internationalen Stadt wie Frankfurt/M. könnten Unterstützer auch unter unseren aus dem Ausland stammenden Mitbürgern gefunden werden, die bereits die deutsche Sprache beherrschen und so als Mittelspersonen fungieren könnten. Haben Sie Kontakt zu z.B. syrischen Studenten aufgenommen und um Mithilfe angefragt?
7. Für welche Dauer ist das Übergangsflüchtlingsheim angelegt? Wie lange ist die durchschnittliche Verweildauer der Flüchtlinge in einer solchen Einrichtung?
8. Die von Frau Skotnik erwähnten Erfahrungswerte von Flüchtlingseinrichtungen liegen bislang bei maximal 200 Personen. Warum soll die Liegenschaft In der Au 4-12 die zweieinhalbfache Anzahl an Flüchtlingen aufnehmen?
Zusätzlich ist bereits ein Hotel in Rödelheim-West mit 170 Flüchtlingen belegt. Das Argument, es gäbe in den anderen Frankfurter Stadtteilen zu wenig geeignete Plätze, kann doch nicht zu einer Überbelastung eines Stadtteils führen.
Deshalb bitten wir Sie dringend, die Anzahl der Flüchtlinge auf 200 zu beschränken im Interesse von Flüchtlingen und Anwohnern.
Zusammenfassend möchten wir nochmals betonen, dass es uns nicht um die Ablehnung hilfsbedürftiger Menschen geht, Im Gegenteil, wir sind uns unserer sozialen Verantwortung bewusst und bereit, einen fairen Anteil zu übernehmen. Die Anwohner von Rödelheim-West möchten jedoch nicht in dieser Situation von der Stadt Frankfurt allein gelassen werden
Wir appellieren an Ihr Verantwortungsbewusstsein und bitten um Ihre Unterstützung im Namen aller Flüchtlinge und aller Anwohner.
Mit freundlichen Grüßen
i.A. Cornelia Kästle-Schott

Antwort von Daniela Birkenfeld

Frankfurt am Main, 04. Februar 2016

Sehr geehrte Frau Kästle-Schott,
sehr geehrte Damen und Herren,
ich bedanke mich für Ihr Schreiben zu der geplanten Unterkunft für Flüchtlinge in Rödelheim-West, in dem Sie Befürchtungen und Anregungen zu dem Projekt vortragen. Die Stadt ist sowohl Partner der Unternehmensgruppe Sahle, die das Grundstück für die nächsten fünf Jahre zur Verfügung stellt und die baulichen Voraussetzungen schafft, wie auch des künftigen Betreibers, dem Regionalverband Rhein-Main der JohanniterUnfall-Hilfe. Das heißt, die Stadt ist für das Projekt verantwortlich und wird neben dem Leiter der Unterkunft von der Johanniter-Unfall-Hilfe über die Stabsstelle Flüchtlingsmanagement für Sie erreichbar sein (Telefon 212-77902; E-Mail sfm@stadt-frankfurt.de).

Normalerweise informieren wir die Ortsbeiräte erst dann, wenn die Eckpunkte eines Projektes stehen – und dazu gehört auch die Entscheidung bezüglich des Betreibers. In diesem Fall wären wir – so wir diese hätten abwarten wollen – Gefahr gelaufen, Sie vor der Sitzungspause des Ortsbeirats wegen der Kommunalwahl nicht mehr rechtzeitig informieren zu können. Bereits in der Sitzung hat meine Pressesprecherin angekündigt, dass wir vor dem Start des Projekts einen zweiten Termin im Stadtteil anbieten, an dem dann auch der Betreiber teilnehmen und das Sozial- und Sicherheitskonzept vorgestellt werden wird. Dieser Termin steht nun fest, die Informationsveranstaltung wird am
Dienstag, 23. Februar 2016, um 19 Uhr
in der Brentanoschule, Biedenkopfer Weg 33, sein.

Was die Zusammensetzung der Flüchtlinge anbelangt, die der Stadt Frankfurt zugewiesen werden, kann ich Ihnen nur eine Momentaufnahme geben, denn diese kann sich jederzeit ändern. Letztlich hängt es davon ab, welche Menschen in Deutschland Asyl begehren und wie sie von Bund und Ländern verteilt werden. Die Mehrzahl der in Frankfurt untergebrachten Asylbewerber stammt derzeit aus Afghanistan (25,3 %), Syrien (23,2 %) und Eritrea (19,5 %). Die Religion der Menschen erfasst die Stadt Frankfurt nicht. Erfahrungsgemäß ist die Mehrzahl der Eritreer, die nach Europa fliehen, christlichen Glaubens, während die Afghanen zumeist Muslime sind. ln Syrien gibt es Muslime und Christen. Der Anteil der männlichen Personen liegt bei zwei Drittel. Etwa ein Fünftel der Flüchtlinge ist unter 18 Jahre alt. Wir· sind bemüht, Familien vorrangig in regulären Wohngebieten unterzubringen, weil gerade Kinder auf kurze Wege angewiesen sind. Die Stadt Frankfurt fördert die Teilhabe und Integration von Flüchtlingen auf verschiedenen Ebenen, wie Sie der Anlage entnehmen können. Wie diese Angebote den Menschen vermittelt werden und welche weiteren Angebote es für die Flüchtlinge in Rödelheim vor Ort geben wird, ist Teil der Sozialbetreuung, die die Johanniter Unfall-Hilfe ausgestaltet und Ihnen bei der Informationsveranstaltung erläutern wird. Bezüglich Ihrer Fragen zur Kinderbetreuung und Beschulung habe ich meine Kollegin Frau Stadträtin Sarah Sorge um eine Einschätzung gebeten. Die Rückmeldung aus dem Bildungsdezernat werden meine Mitarbeiter in die Informationsveranstaltung am 23. Februar 2016 mitbringen. Im Sinne der Integration würde ich mich freuen, wenn die Einrichtungen der offenen Kinder- und Jugendarbeit im Umfeld – der Teenieclub der Evangelischen Cyriakusgemeinde, das Sportjugendhaus der Sportjugend Frankfurt und die Jugend- und Kulturinitiative Rödelheim –eng mit der Johanniter Unfall-Hilfe kooperieren. Auch in Hausen und Bockenheim gibt es Kinder- und Jugendeinrichtungen, die nur zwei bis drei Kilometer von der Unterkunft entfernt liegen.
Der Vorschlag, eine Begegnungsstätte für die Bürger aus Rödelheim und ihre neuen Nachbarn zu schaffen, ist schon in der Ortsbeiratssitzung vorgetragen worden. Die Idee findet meine Zustimmung und die Stadt wird die erforderlichen Mittel zur Verfügung stellen, damit im Zugangsbereich der Einrichtung ein Ort der Begegnung entstehen kann. Dort ließe sich z. B. ein monatlicher Nachbarschaftsstammtisch etablieren, bei dem Fragen bzw. Anliegen aus dem Stadtteil ausgetauscht und aufgegriffen werden könnten. Die Nutzung einer Halle als Notunterkunft ist der Tatsache geschuldet, dass die Zahl der Flüchtlinge, die der Stadt Frankfurt wöchentlich vom Land Hessen zugewiesen werden, in den vergangenen Monaten immer weiter gestiegen ist. Die Realisierung von regulären Übergangsunterkünften kann trotz intensiven Bemühens aller Beteiligten mit dieser Entwicklung nicht Schritt halten. Wir müssen deshalb ergänzend zur Überbrückung auch Notunterkünfte schaffen, damit kein Mensch ohne Obdach bleibt.
Natürlich ist es wünschenswert, die Übergangsunterkünfte für Flüchtlinge über das gesamte Stadtgebiet zu verteilen. Da wir jedoch vom Angebot geeigneter Liegenschaften abhängig sind, werden wir keine exakt gleichmäßige Verteilung erreichen können. Es gibt Stadtteile, in denen im Vergleich noch deutlich mehr Flüchtlinge leben bzw. künftig leben werden als in Rödelheim. ln anderen ist es uns bisher noch nicht gelungen, einen geeigneten Standort zu finden. Wir sind jedoch weiter auf der Suche, weil wir zusätzliche Kapazitäten benötigen.
Die Stadt Frankfurt hat allein im Jahr 2015 rund 3.300 Asylbewerber und Kontingentflüchtlinge zugewiesen bekommen und mehr als 4.000 unbegleitet minderjährige Flüchtlinge in Obhut genommen. Für dieses Jahr muss sich Frankfurt darauf einstellen, rund 10.000 Asylbewerber und Kontingentflüchtlinge aufzunehmen und zu versorgen. Hinzu kommt eine noch nicht einschätzbare Zahl an unbegleiteten Minderjährigen.
Ich hoffe, diese Informationen verdeutlichen Ihnen, warum wir einen Standort dieser Größenordnung überhaupt in Betracht ziehen. Ich würde mich freuen, wenn die Bürgerinnen und Bürger von Rödelheim auf die Flüchtlinge zugehen. Es gibt bereits entsprechende Initiativen im Stadtteil. Auch die Quartiersmanagerin Frau Heike Hecker vom Diakonischen Werk für Frankfurt, deren originäre Aufgabe im Rahmen des „Frankfurter Programms Aktive Nachbarschaft“ die Unterstützung von nachbarschaftliehen Engagement ist, steht als Vermittlerin für Bürgerinnen und Bürger zur Verfügung, die Kontakt zum Betreiber der Unterkunft suchen.

Mit freundlichen Grüßen
Prof. Dr. Daniela Birkenfeld
(Stadträtin)