Deutsch lernen mit Herz und Vertrauen

Dieser Beitrag ist im Cyriakusbrief der Rödelheimer Cyriakusgemeinde erschienen. 

Die Lernenden und Teachers haben sich gefreut, als Catherine von Westernhagen sie beim Sprachtreff an einem Montagabend besucht hat und waren gerne bereit, ein Gruppenfoto zu machen.  Foto: Cyriakusgemeinde

Von Catherine von Westernhagen

Jeden Montagabend um 17.30 Uhr stehen sie pünktlich bereit: die Rödelheimer Teachers on the road treffen sich im Foyer der Cyriakusgemeinde in der Alexanderstraße 37, um Geflüchtete aus den Rödelheimer Unterkünften in Deutsch zu unterrichten. Jane Peat von der Gruppe W.I.R., die das Projekt seit drei Jahren koordiniert, weiß nie genau, wie viele kommen werden. „Das ist jedes Mal eine Überraschung“, sagt sie mit dem ihr eigenen Humor. Wenn es gut läuft, kommen zehn Schüler, manches Mal sind es auch nur drei oder vier. Aber das spielt keine Rolle, denn wichtig ist, dass die Menschen, die hierherkommen, unbürokratisch und in einem geschützten Raum lernen können.

Jeder ist hier willkommen, kann teilnehmen ohne Druck und Zwang. Wichtig ist, dass die Geflüchteten sich hier wohlfühlen. Viele von ihnen haben Unfassbares erlebt, sind traumatisiert. Hier können sie ihre Geschichte erzählen, sie müssen aber nicht. Das Besondere am Rödelheimer Sprachtreff: auf jeden Schüler kommt eine Lehrerin oder ein Lehrer, der/die ganz auf die individuellen Bedürfnisse des Schülers eingehen kann. Das hat sich bewährt. Auf diese Art sind hier viele vertrauensvolle Beziehungen entstanden. 

Elke Gutberlet unterrichtet und begleitet ihre Schülerin Yeziah schon seit zweieinhalb Jahren. Yeziah lebt mit ihren Eltern und ihren drei Geschwistern in der Flüchtlingsunterkunft „In der Au“. Die 27-Jährige kam aus einer Provinz im Irak nach Deutschland. Es gab dort zu ihrer Zeit keine Schule, und Elke Gutberlet hat mit ihr quasi bei Null angefangen. Das Alphabet pauken, lesen und schreiben lernen und das alles in der fremden deutschen Sprache. Yeziah hat gut gelernt, sich regelmäßig mit Elke Gutberlet getroffen, und ist jedes Mal ein Stückchen weitergekommen. Elke Gutberlet weiß, wie wichtig das für Yeziah ist, um auch eine berufliche Perspektive entwickeln zu können. Ihr Traum ist es, einmal mit Kindern zu arbeiten. Elke Gutberlet hat ihr im Kinderhaus Pusteblume einen ersten Kontakt zum Reinschnuppern vermittelt. Eine schöne Erfolgsgeschichte, die Mut macht und einmal mehr zeigt, dass Integration in kleinen und steten Schritten funktionieren kann.

Schräg gegenüber am Tisch geht es heute Abend eher lustig zu.
Alexander Drees hat mit seinem Schüler Hussein einen etwas heiklen Stoff am Wickel. Es geht um Ernährung, insbesondere um die Nahrungsverwertung im Körper. Hussein muss das Thema als Hausaufgabe für die Berufsschule bearbeiten. Das Vokabular ist jedoch sehr speziell und Google-Übersetzter führen zu Missverständnissen, die bei Lehrer und Schüler immer wieder zu großer Heiterkeit führen. Gemeinsam lachen, auch das tut gut. Hussein kam vor drei Jahren aus Pakistan nach Deutschland. Er spricht mittlerweile gut deutsch und hat schon viele Praktika gemacht. Das nächste wird er in einer Bäckerei antreten, was für ihn bedeutet: jeden Morgen um drei Uhr aufstehen. Der junge charmante Mann freut sich auf die neue Herausforderung. Denn sie bedeutet für ihn erstmal wieder eine Perspektive.

Der schlichte Raum der Cyriakusgemeinde in der Alexanderstraße: an diesem Abend erstrahlt er in einem schönen und freundlichen Licht. Elke Gutberlet, Jane Peat und all den anderen engagierten Lehrinnen und Lehrern, die sich für das Bildungsprojekt „Teachers on the road“ engagieren, sei Dank.

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